- Geldpolitik
- von Dr. Reinhard Kohler und Diplom-Ökonom Ralf TostmannI. CharakterisierungDie Geldpolitik (auch als monetäre Politik bezeichnet) beinhaltet alle Maßnahmen, die aufgrund geldtheoretischer Erkenntnisse zur Regelung der Geldversorgung und des Kreditangebots der Banken unter Beachtung der gesamtwirtschaftlichen Ziele ergriffen werden. Häufig findet sich auch die Bezeichnung „Geld- und Kreditpolitik“ mit der gleichen begrifflichen Bedeutung. Das Ziel der Preisniveaustabilität steht dabei im Vordergrund.Nach Kriegsende fungierte in Westdeutschland als Spitzen- und Refinanzierungsinstitut die Bank deutscher Länder. Ihr nachgeordnet waren die rechtlich selbstständigen Länderzentralbanken. Mit dem Gesetz über die Deutsche Bundesbank (BBankG) vom 26.5.1957 trat die Deutsche Bundesbank deren Nachfolge an. Die Länderzentralbanken wurden rechtlich unselbstständige Hauptverwaltungen.In Ostdeutschland wurde 1948 die Deutsche Emissions- und Notenbank gegründet und diese noch im gleichen Jahr in die Deutsche Notenbank umgewandelt. Ab 1968 wurden die Aufgaben von der Staatsbank DDR übernommen. Der am 1.7.1990 in Kraft getretene Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik und der damaligen DDR führte die ⇡ Deutsche Mark (DM) als alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel in beiden deutschen Staaten ein. Gleichzeitig wurde die geld- und währungspolitische Zuständigkeit auf die Bundesbank übertragen.Mit dem Beginn der dritten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (⇡ EWWU; ⇡ Europäische Währungsunion) ist die Verantwortung der G. ab dem 1.1.1999 auf das ⇡ Europäische System der Zentralbanken (ESZB) übergegangen. Mit der Übernahme der geldpolitischen Verantwortung hat das ESZB auch die Probleme übernommen, denen sich die Bundesbank gegenübersah. Schließlich ist das Bundesbankkonzept weitgehend Vorbild für die Geldpolitik des ESZB, allerdings mit unterschiedlichen Akzenten in den geldpolitischen Strategien. Träger der monetären Politik ist das ESZB. Für die praktische Umsetzung der Geldpolitik findet der Grundsatz der Dezentralität Anwendung, nach dem die zentral im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB-Rat) beschlossenen Operationen dezentral von den nationalen Zentralbanken (Deutsche Bundesbank) umgesetzt werden.II. InstrumenteMit der Umstellung fand auch eine Anpassung des geld- und kreditpolitischen Instrumentariums statt, mit dem die monetäre Steuerung vollzogen wird. Das Instrumentarium des ESZB kann in drei Grundkategorien – Mindestreservepolitik, ständige Fazilitäten und Offenmarktpolitik – eingeteilt werden.1. MindestreservepolitikDie ⇡ Mindestreservepolitik hat die Veränderung der Mindestreserve zum Gegenstand. So führt eine Erhöhung der Mindestreservesätze unmittelbar zu einer Verringerung der ⇡ freien Liquiditätsreserven. Damit sinkt der Geld- und Kreditschöpfungsspielraum der Banken. Da die Reservehaltung nur gering verzinst wird, treten gleichzeitig Rentabilitätseffekte auf, die zu einer Erhöhung des Zinsniveaus (Kreditkosten) führen und tendenziell die Kreditnachfrage dämpfen (sollen). Über diese Wirkungen erhofft man sich von Mindestreservesatzvariationen gleichzeitig einen Beitrag zur Stabilisierung der Geldmarktsätze und des Zentralbankgeldbedarfs. Das ESZB erhebt eine verzinsliche Mindestreserve, verzichtet aber auf eine geldpolitische Variation der Sätze, da dieses Instrument als zu wenig flexibel und vergleichsweise zu aufwendig eingeschätzt wird. Die Mindestreserve im ESZB dient stattdessen der Erhöhung der Zinselastizität der Geldnachfrage und damit einer Verbesserung der Wirksamkeit der anderen geldpolitischen Instrumente.2. Ständige FazilitätenDiese umfassen Einlagen- und Spitzenrefinanzierungsfazilitäten. Die Zinssätze dieser beiden Fazilitäten bilden den Zinskorridor für den Tagesgeldmarkt. Die Obergrenze wird durch die Spitzenrefinanzierungsfazilität gesetzt, die der Liquiditätsbereitstellung der Geschäftsbanken dient. Die Liquidität wird entweder über bilaterale Pensionsgeschäfte oder in Form von Beleihungsgeschäften bereitgestellt. Mit der Einlagenfazilität wurde ein neues Instrument geschaffen, das der Liquiditätsabschöpfung dient. Die Laufzeit der beiden Fazilitäten beträgt einen Geschäftstag, wobei die Anträge zu Beginn der Tagesabschlussarbeiten vorliegen müssen, man spricht deshalb auch von Übernacht-Fazilitäten.3. OffenmarktpolitikDazu zählen Hauptrefinanzierungsgeschäfte, längerfristige Refinanzierungsgeschäfte, Feinsteuerungsoperationen und strukturelle Operationen. Offenmarktgeschäfte (⇡ Offenmarktpolitik) sind grundsätzlich geldpolitische Operationen, die auf Initiative der Zentralbank am Finanzmarkt durchgeführt werden. Die Hauptrefinanzierungsgeschäfte des ESZB, kurzfristige Wertpapierpensionsgeschäfte, werden allerdings ausschließlich mit Geschäftsbanken durchgeführt. Dabei kauft die Zentralbank auf Zeit Wertpapiere von den Geschäftsbanken an und stellt im Gegenzug Liquidität zur Verfügung. Die Notenbank legt dabei die Bedingungen für An- und Rückkauf fest und kann darüber die Refinanzierung der Geschäftsbanken konditionieren und damit die Giralgeldschöpfung der Geschäftsbanken steuern. Deshalb kommt dem Zins der Hauptrefinanzierungsgeschäfte eine Leitzinsfunktion zu. Hauptrefinanzierungsoperationen werden im Wege von wöchentlichen Standardtendern seit März 2004 mit einer Laufzeit von einer Woche durchgeführt. Dabei werden wöchentlich rund 200 Mrd. Euro zugeteilt, seit Juni 2000 mit Hilfe des amerikanischen Zinstenderverfahrens (⇡ Zinstender) mit Mindestbietungssatz. Ergänzt werden sie durch längerfristige Wertpapierpensionsgeschäfte (Laufzeit: Drei Monate; monatliches Volumen rund 25 Mrd. Euro), die einer Verstetigung der Refinanzierung der Geschäftsbanken dienen. Zur Feinsteuerung werden in unregelmäßigen Abständen zusätzlich nicht-standardisierte Offenmarktgeschäfte begeben, um unerwartet auftretender Liquiditätsschwankungen auszugleichen. Outrightgeschäfte (definitive Käufe und Verkäufe von Wertpapieren und sonstigen Aktiva) und Devisenswaps (gleichzeitige Durchführung eines Kassa- und eines Termingeschäfts) können sowohl liquiditätserhöhend als auch liquiditätsabschöpfend wirken. Ferner können zur befristeten Liquiditätsabschöpfung die Hereinnahme von Termineinlagen und die Emission von kurzlaufenden abgezinsten Schuldverschreibungen zum Einsatz kommen. Diese strukturellen Operationen werden durchgeführt, um die strukturelle Liquiditätsposition des Finanzsektors gegenüber dem ESZB anzupassen.III. Monetäre Steuerungskonzepte und ESZB-Strategie1. ZwischenzieleDa die Zentralbank auf die gesamtwirtschaftlichen Zielgrößen nicht unmittelbar Einfluss nehmen und die Wirkung ihrer Maßnahmen auf diese Größen nicht kontrollieren kann, orientiert sie sich an so genannten monetären Zwischenzielen, über deren Beeinflussung sie die eigentlichen Ziele anzusteuern versucht. Welche monetären Größen als Zwischenziele geeignet sind, hängt von der Beurteilung ab, welches Transmissionskonzept (⇡ Geldtheorie) die beste Grundlage einer monetären Politik bietet. Hierzu gibt es kontroverse Auffassungen: Während etwa die Monetaristen der ⇡ Geldmenge und ⇡ monetäre Basis den Vorrang geben, betonen Keynesianer den ⇡ Zins als wichtiges Zwischenziel. Liquiditätstheoretiker, die sich am kredittheoretischen Konzept orientieren, betrachten die Kreditgewährung und den Zins als Zwischenziele. Die Konzepte der Liquiditätssteuerung und der Steuerung der ⇡ Zentralbankgeldmenge, die bei den geldpolitischen Maßnahmen der Deutschen Bundesbank Eingang fanden, haben auch in der heutigen Diskussion nichts von der grundsätzlichen Relevanz verloren.Liquiditätssteuerung: Lange Zeit waren für die Deutsche Bundesbank die freien Liquiditätsreserven der Banken Indikator für die Zwischenziele „Kreditvergabe“ und „Kreditkosten“. Durch Steuerung der freien Liquiditätsreserven und mithilfe von zinspolitischen Maßnahmen versuchte die Notenbank Kreditangebot und Kreditnachfrage gleichzeitig zu regulieren: Im Fall einer restriktiven (expansiven) Politik verringern (erhöhen) die Banken bei einsetzender Liquiditätsverknappung (-ausweitung) ihr Kreditangebot und reduzieren (erweitern) die Wirtschaftsubjekte aufgrund eines höheren (niedrigeren) Zinssatzes ihre Kreditnachfrage.Die Wirksamkeit dieser Politik ist nicht sehr hoch einzuschätzen, da insgesamt gesehen die Zinsempfindlichkeit der Investitionen (v.a. in der Hochkonjunktur) gering ist und erhebliche zeitliche Wirkungsverzögerungen auftreten, die mengenmäßige Steuerung der freien Liquiditätsreserven häufig durch gegenläufige Einflüsse (bes. durch Devisenbewegungen bei festen und auch bei flexiblen Wechselkursen) erschwert werden sowie die Banken aus einzelwirtschaftlicher Sicht neben den freien Liquiditätsreserven auch Wertpapiere (⇡ Availability Doctrine), Interbankguthaben und die Möglichkeit der Mittelbeschaffung auf den internationalen Finanzmärkten zu ihrem Liquiditätspotenzial rechnen. Dies bedeutet, dass die Banken im Zweifel auch ohne freie Liquiditätsreserven ihre Kreditexpansion noch vorantreiben.Steuerung der Zentralbankgeldmenge: Gerade letzteres Problem konnten auch durch das seit 1973 angewandte Konzept der Bundesbankpolitik nicht ausgeräumt werden. Nach diesem Konzept versuchte die Bundesbank, die Zentralbankgeldmenge und über diese die Geldversorgung nach bestimmten Zielvorgaben zu steuern (⇡ Geldmengenziel). Die Zentralbankgeldmenge umfasste in der Abgrenzung der Bundesbank das Mindestreserve-Solls auf Inlandsverbindlichkeiten zu konstanten Reservesätzen und den Bargeldumlauf im Nichtbankensektor. Da im Zuge der Geld- und Kreditschöpfung der Banken stets ein zusätzlicher Bedarf an Zentralbankgeld entsteht (in Form von Bargeld und Mindestreserven), kann mit der Kontrolle der Zentralbankgeldmenge auch das Wachstum des Geldvolumens beeinflusst werden.Eine exakte Steuerung der Zentralbankmenge und des Geldumlaufs ist jedoch nicht möglich (v.a. kurzfristig). Verfügen die Banken über freie Liquiditätsreserven, können sie Kredite gewähren und damit auch das Wachstum der Zentralbankgeldmenge vorantreiben. Sind die freien Liquiditätsreserven erschöpft, so ist die Zentralbank zwar theoretisch in der Lage, das Wachstum der Zentralbankgeldmenge gemäß ihren Zielvorstellungen zu begrenzen. Es ist aber fraglich, ob die Zentralbank diesen rein theoretisch funktionierenden Mechanismus in der Praxis auch tatsächlich nutzen kann. Solange die einzelnen Banken Interbankforderungen und andere finanzielle Aktiva als gleichwertig mit Zentralbankgeld betrachten und auf Basis dieser einzelwirtschaftlichen Liquidität zusätzliche Kredite gewähren, steht die Zentralbank vor einem Dilemma: Ist sie bereit, die entstandene Lücke zwischen Zentralbankgeldversorgung durch Zufuhr freier Liquiditätsreserven, z.B. durch eine expansive Offenmarktpolitik zu schließen, dann läuft sie der von den Banken ausgelösten Entwicklung hinterher (Schlepptau-These). Verweigert sie dagegen den Banken das zusätzlich benötigte Zentralbankgeld, so führt dieser schwerwiegende und abrupte Eingriff zu einer Liquiditätskrise im Bankensystem und zu einem unerwünscht scharfen konjunkturellen Umbruch. Im Zweifel wird daher die Zentralbank nur die (Refinanzierungs-)Bedingungen setzen, zu denen sie bereit ist, den Zentralbankgeldbedarf der Kreditinstitute zu alimentieren, und von steigenden Zinssätzen eine dämpfende Wirkung auf das Wachstum der Zentralbankgeldmenge erwarten. Im Fall einer expansiven Geldpolitik ist zu beachten, dass die Zentralbank zwar Zentralbankgeld grundsätzlich in beliebiger Menge bereitstellen kann, die Verwendung aber eindeutig nur noch vom Verhalten der Nichtbanken und Banken abhängt.Konzeptvergleich: Diese Gründe und die Beobachtung, dass das Geldmengenziel bisher häufig verfehlt wurde, zeigen gerade auf, dass sich die Steuerungsprobleme durch das neue Konzept nicht wesentlich geändert haben, wenn überhaupt von einer völlig neuen monetären Politik die Rede sein kann. Den freien Liquiditätsreserven kommt nach wie vor Bedeutung zu. Schließlich ist Zentralbankgeldversorgung identisch mit der Zuführung von freien Liquiditätsreserven. Der Unterschied zum alten Konzept besteht lediglich darin, dass nunmehr die Zentralbankgeldmenge explizit als Indikator für eine bereits vollzogene monetäre Expansion formuliert wird, während die freien Liquiditätsreserven weiterhin zwar die Expansionsmöglichkeiten anzeigen, als Indikator für selbige aber formal nicht mehr ausgewiesen werden.2. Steuerung versus RegelungAngesichts der praktischen Probleme der monetären Politik stellt sich aus theoretischer Sicht die grundsätzliche Frage, unter welchen (ordnungspolitischen) Bedingungen es überhaupt möglich bzw. sinnvoll ist, den monetären Sektor oder gar den realwirtschaftlichen Bereich durch die Geldpolitik zu steuern. Die Steuerbarkeit des Geldsektors wäre gegeben, wenn die Zielvorgaben für monetäre Aggregate (z.B. für die Geldmenge) durch geldpolitische Maßnahmen stets nach gewisser Zeit erreichbar und auf dem angestrebten Niveau fixierbar wären. Die Steuerbarkeit des monetären Systems ist an strenge Voraussetzungen gebunden, die in der Praxis nicht erfüllt sein dürften. Von daher ist es nicht erstaunlich, dass bisherige Erfahrungen mit einer Geldpolitik, die Steuerbarkeit unterstellt, meist negativ ausfielen. Dieses Praxisversagen lenkt den Blick auf das weniger ambitionierte Ziel der Regelung. In einem geregelten dynamischen System werden exogene Schocks durch negative Rückkopplungen gedämpft. Damit werden krisenhafte Zuspitzungen im Sinn sich selbst verstärkender Fehlentwicklungen vermieden. Zeitweilige Zielverfehlungen sind allerdings möglich und je nach Stärke der Störungen des Systems sogar unvermeidlich.3. Strategie des ESZBBei der Beurteilung der geldpolitischen Lage und den damit verbundenen Mitteleinsatz orientiert sich das ESZB an mehreren Indikatoren. Zum einen wird der Änderung der Geldmenge eine hohe Indikatoreigenschaft zugemessen. Die Geldmengenausweitung wird dabei anhand eines so genannten Referenzwertes beurteilt, für den es quantitative Vorgaben gibt. Als Referenzwert wird von dem ESZB eine auf dem weit gefassten Geldmengenaggregat M3 (Geldmenge) basierende Zielgröße veröffentlicht. Zur weiteren Fundierung ihrer geldpolitischen Maßnahmen betrachtet die Europäische Zentralbank (EZB) noch eine breite Palette von Konjunkturindikatoren, die eine Vorlaufindikatoreigenschaft für die künftige Preisentwicklung besitzen. Um der Öffentlichkeit einen Maßstab für den Erfolg ihrer Maßnahmen und den Marktteilnehmern eine Orientierung bezüglich der Erwartungen der künftigen Preisentwicklung zu geben, veröffentlicht die EZB eine quantitative Marge von Preisniveaustabilität, die es anzustreben gilt. Für das Eurowährungsgebiet gilt ein Anstieg des ⇡ Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gegenüber dem Vorjahr von unter 2 Prozent als mit dem Stabilitätsziel vereinbar. Die konkrete Ausgestaltung dieser Konzeption basiert auf einer Zwei-Säulen-Strategie. Inhaltlich findet eine Orientierung an zwei Komponenten statt:1. Analyse der Abweichung des Geldmengenwachstums (das von diversen monetären und realwirtschaftlichen Größen abhängt) im Vergleich zu dem mit den geldpolitischen Zielen als vereinbar erachteten Referenzwert.2. Beurteilung einer Vielzahl weiterer Konjunktur- und Finanzindikatoren, wie bspw. Zinsstrukturkurven oder preisbildende Faktoren auf den Arbeits-, Güter- und Dienstleistungsmärkten.Diese diversifizierten Ansätze der Zwei-Säulen-Strategie finden ihre Begründung in der zu Anfang der Europäischen Währungsunion bestehenden Unsicherheiten über den geldpolitischen Transmissionsmechanismus. Durch die Einbindung zusätzlicher Indikatoren soll die Güte der geldpolitischen Entscheidungen steigen. Jede einzelne Säule repräsentiert dabei ein Modell zur Analyse volkswirtschaftlicher Daten. Die Erkenntnisse aus beiden Säulen zusammen sollen die Grundlage für die Wahl des Einsatzes von Werkzeugen aus dem geldpolitischen Instrumentenkasten der Mindestreserve-, Offenmarkt- und Fazilitätenpolitik liefern. Kritisch ist zu sehen, dass allein die Erklärung des Geldmengenwachstums gesicherte Erkenntnisse aus dem Bereich der empirischen Forschung für das Banken- und Nichtbankenverhalten erfordern würde. Diese liegen ebenso wenig vor wie jene über das Zusammenwirken der Elemente innerhalb der zweiten Säule. Eine Aggregation beiden Säulen kann die Unsicherheit für geldpolitische Entscheidungen nicht vermindern, bestenfalls den Eindruck erwecken, man würde eine komplettere Absicherung geldpolitischer Entscheidungen vornehmen. Das Problem ist und bleibt, dass die Nahtstelle zwischen Geld- und Gütersektor weitgehend unerforschter Raum ist.IV. Geldpolitik in einer offenen VolkswirtschaftDie monetäre Politik kann ihre Maßnahmen nicht allein binnenwirtschaftlich ausrichten. Dies liegt daran, dass vom freien internationalen Handel mit Gütern und Diensten sowie vom freien internationalen Geld- und Kapitalverkehr erhebliche Einflüsse und Rückwirkungen auf eine binnenwirtschaftlich orientierte Geld- und Kreditpolitik ausgehen. In Europa waren die am ⇡ Europäischen Währungssystem (EWS) teilnehmenden Länder seit 1979 durch einen Wechselkursmechanismus miteinander verknüpft. Mit Beginn der dritten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) am 1.1.1999 wurde der EWS-Wechselkursmechanismus durch die Einführung des Euro in elf EU-Mitgliedstaaten als gemeinsame und eigenständige Währung aufgegeben (zum 1.1.2001 folgte Griechenland). Um den Konvergenzprozess gegenüber den Mitgliedstaaten, die den Euro noch nicht eingeführt haben (Dänemark, Großbritannien, Schweden; den sog. „Pre-Ins“) zu stärken, ist es ihnen möglich, sich im Rahmen eines modifizierten Wechselkursmechanismus auf die Integration in den Euroraum vorzubereiten. Der Euro übernimmt für die an diesem Wechselkursmechanismus teilnehmenden Länder die Rolle einer Ankerwährung; die Leit- und Interventionskurse sind auf Grundlage des Euro definiert. Beim Erreichen der Interventionspunkte werden von den betroffenen Zentralbanken grundsätzlich automatische Stützungsoperationen ausgeführt. Im Euroraum greifen i.d.R. die „Pre-In“-Zentralbanken ein. Bei der Gefährdung des Ziels der Preisniveaustabilität haben die beteiligten Zentralbanken jedoch die Möglichkeit, die Interventionen einzustellen. Im Verhältnis der Nicht-Eurostaaten gilt des System der freien Wechselkurse.Literatur: Duwendag, D., u.a., Geldtheorie und Geldpolitik in Europa. Eine problemorientierte Einführung mit einem Kompendium monetärer Fachbegriffe, 5., neu bearb. Aufl., Köln 1999; Lange, C., u.a., Monetäre Aspekte der europäischen Integration, Berlin 1998; Mussel, G., Grundlagen des Geldwesens, Berlin 1991.
Lexikon der Economics. 2013.